Also beginnt eine Höllenfahrt der Gefühle für Chris, Rheya und andere Mitglieder der Gruppe. Jeder versucht auf seine Weise mit dem unfassbaren Trauma und Phänomen umzugehen. Der Teamleiter und Freund von Chris begeht Selbstmord. Die Wissenschaftlerin der Gruppe will verhindern, dass diese Gestalten mit dem Team auf die Erde zurückfliegen und entschließt sich diese zu töten. Chris ist gespalten und ambivalent. Am Ende fliegt die Wissenschaftlerin allein zurück und Chris entscheidet sich da, zu bleiben um Rheya ein weiteres Mal zu verlieren, obwohl er weiß, dass die Raumstation auf Kollisionskurs mit dem Planet Solaris geraten ist. Danach sehen wir seinen symbolischen Beinahe- Tod und eine Neuerschaffung vom Chris durch ein Kind (eine neue, intertextuelle Version des Gemäldes von Michelangelo).
Am Ende befindet sich Chris mit Rheya wieder in ihrer gemeinsamen Wohnung, aber diesmal ist trotz der äußeren Ähnlichkeit mit der ehemaligen Wohnung dennoch alles anders und sie leben in einer Realität, die Jenseits vom normalen Leben/Tod liegt und dem Gedicht ähnelt, das während des Films paar mal durch Rheya und Chris rezitiert wird. Jenes Gedicht, dessen Seite Rheya in der Hand hielt, als sie Selbstmord beging.
Die nackten Toten, die sollen eins„
mit dem Mann im Wind und dem Westmond sein
Blankbeinig und bar des blanken Gebeins
ruht ihr Arm und ihr Fuß auf Sternenlicht
Wenn sie irr werden.
,soll’n sie die Wahrheit sehen
wenn sie sinken ins Meer,
soll’n sie auferstehen.
Wenn die Liebenden fallen-
Die Liebe fällt nicht.
Und dem Tod soll kein Reich mehr bleiben.
der Film Solaris begleitet und führt die Protagonisten und die Zuschauer durch diese traumatische, reale Begegnung. Er lässt uns die verschiedenen Etappen der Begegnung mit dem traumatischen, verführerischen realen Planeten „Solaris“ miterleben und die ambivalenten Liebe-Hass-Gefühle, oder die Ängste der Hauptprotagonisten begreifen und mitspüren. Er zeigt uns die verschiedenen Reaktionen der Teammitglieder auf die Begegnung mit ihren beängstigenden, verführerischen, inneren Gestalten und Begierden. Gleichzeitig versucht der Film durch seine Art der Dramaturgie und durch seine Art der Kameraführung, eine neue Form der Begegnung mit der traumatischen Seite des menschlichen Lebens und mit unseren verdrängten Begierden herauszuarbeiten und den Zuschauer eine neue Position in seiner neuen, symbolischen Ordnung und Beschreibung zu geben.
Der Film Solaris stellt eine Transfiguration und Metamorphose der Protagonisten dar, wie Hans-Peter Jäck in seiner Rezension (4) feststellt, aber diese Metamorphose begrenzt sich nicht auf die Hauptfiguren, sondern alles verändert und wandelt sich, von den Protagonisten bis zu Solaris und zwar mit einer gegenseitigen Wechselnwirkung und Transfiguration. So beginnt mit dem Kontakt zum fremden, realen Planet ein Prozess der Metamorphose, der in einer neuen Realität sein Endergebnis und seine neue Gestalt erreicht. Der Regisseur erschafft am finalen Ende des Films eine neue Realität, die nur durch Begegnung mit dem Realen und durch Durchqueren der Wüste des Realen möglich wäre.
Eine neue Realität, die auch ein anderes Licht auf den Begriff des Realen wirft. Das finale Ende des Films übergeht das lacansche Reale und schlägt einen Weg in die Richtung der deleuzianischen Lehre ein, weil Für Deleuze das Reale eine "Realität des Virtuellen" (5) ist, die immer wieder sich aktualisiert und neue Intensitäten und Körper, neue Möglichkeiten der Realität und Metamorphose bildet, anbietet und aktualisiert.
In Wahrheit erschafft der Film seine eigene Philosophie und Kreative Lösung. Um diese zu verstehen, sollten wir die Hilfe von Deleuze und seiner Filmtheorie in Anspruch nehmen. (Diese Analyse wird im zweiten Teil der Rezension dargestellt)
Antichrist
In dem Film „ Antichrist“ erfahren das Ehepaar und die Zuschauer die erste Begegnung mit dem entsetzlichen Realen durch den Tod des kleinen Sohnes, der am Anfang im Prolog des Films, aus dem Fenster hinunterfällt, während die Eltern sich lieben. Dieses traumatische Erlebnis verursacht eine tiefe Depression bei den Eltern und insbesondere bei der Frau. Das Thema Depression wird zu einem zentralen Thema des Films aber hier wird die Depression auch als einen Ort der Begegnung mit dem Realen dargestellt. (Der Regisseur befnad sich selbst auch in einer tiefen,depressiven Phase). Deswegen übernimmt die depressive Haltung der Eltern im Laufe des Films immer mehr gewaltvolle, unfassbare Züge. Hier begegnen wir den beiden Erscheinungsformen des Realen, d.h. dem Tod und der Sexualität und diese zwei Themen begleiten uns im „Antichrist“ in ihren beängstigenden Formen durch die Erzählung und den Film. Danach wird in dem zweiten Teil der Geschichte, eine intensive, direkte Begegnung mit dem Realen dargestellt. Dieser Abschnitt des Films besteht aus vier Teilen mit den Namen"Trauer, Schmerz, Zweifel und drei Bettler". Jetzt wird die Natur selbst zu einem gefährlichen, Unfassbaren, traumatischen, realen Objekt. Nachts prasseln Eicheln unaufhörlich auf das Hüttendach, morgens sitzen blutsaugende Zecken auf der Hand des Mannes, auch begegnet er im Wald einem Reh mit einer Totgeburt, sowie einem Fuchs, der sich selbst verschlingt. Hier treffen wir auch auf die Vorzeichen des Todes (Reh, Rabe, Fuchs), die immer wieder erscheinen und ihre Erscheinung einen Tod prophezeit.
Somit erhält der Film neben einem psychologischen Aspekt auch einen mystischen Aspekt, aber hier zeigen sich das Schicksalhafte, das Mystische als eine reale, traumatische, unabwendbare Form des Schicksals und als eine reale, bedrückende, ewige Wiederkehr der Mythen.
Gleichzeitig entwickelt sich die Beziehung zwischen dem Ehepaar immer mehr zu einer traumatischen, gewaltvollen Krise, die mit dem Verstümmeln der Genitalien der beiden durch die Frau und deren Tod und ihre Verbrennung durch den Mann beendet wird. Auf diese Weise wird die persönliche Tragödie gleichzeitig, zu einer Wiederkehr der Hexenjagd und zur Erfüllung einer mystischen Prophezeihung. Der Film sperrt sich gegen eine einseitige analytische oder symbolische Analyse oder gegen eine endgültige Interpretation.
Im ersten Teil des Films, der aus dem Anfang und dem Ende, aus einem Prolog und einem Epilog besteht, wird der Film Schwarz-Weiß und in Zeitlupe gedreht und durch ein Lied aus einer Oper begleitet, aber im zweiten Abschnitt, im Wald, verzichtet der Regisseur auf Musik und setzt ganz auf die Geräusche des Waldes und die Kamera schwenkt zwischen den Figuren oder im Wald. Somit erhöht er das Unfassbare, bedrückende Gefühl der Szene.
Im finalen Teil des Films, im Epilog, sieht man den Mann in der Morgensonne mit einer Krücke den sommerlichen Hügel vor der Hütte hinaufwandern. Er trifft auch wieder auf die drei Tiere des Todes, die friedlich im Gras ruhen. Als er sich jedoch umwendet, sieht er, wie unzählige gesichtslose Frauen von allen Seiten den Hügel hinauf auf ihn zuströmen.
Somit zeigt der Film, dass die Krise, die Depression nicht beendet ist und wir immer wieder mit der „Wiederkehr des Verdrängten“, mit einer neuen Periode der Depression rechnen müssen, mit der Wiederkehr der Begegnung mit dem Realen und mit der dunklen, unfassbaren Seite unseres Daseins.
Der "Antichrist" vom Lars von Trier, ist ein realer, traumatischer, genießender Antichrist, der die andere, dunkle Seite des modernen Menschen zur Erscheinung bringt und gleichzeitig sich einer klaren Symbolisierung und Interpretation widersetzt.
Um nun die Art der Begegnung beider Filmen mit dem Realen besser analysieren und vergleichen zu können, möchte ich kurz auf die wichtigsten Eigenschaften des „ Realen“ bei Lacan eingehen und sie beschreiben.
Das Reale bei Lacan
Das Lacansche Reale verfügt über zwei wichtigste Eigenschaften. Erstens taucht das Reale plötzlich auf, wirkt wie einen Schock oder ein Trauma auf die Betroffenen. Das Reale hat mit Realität nichts gemeinsam. Die Realität gehört vor allem zum symbolischen Bereich, weil der Mensch ein Sprachwesen ist und seine Welt und Wirklichkeit ein sprachlicher, symbolischer Diskurs ist. Das Reale ist die Grenze dieser symbolischen Realität und Wirklichkeit. Das Reale ist zwar unfassbar aber seine Wirkung bewirkt viel intensiver und realer als die Realität.
Zweitens ist das Reale die Dimension des Genießens, der jouissance. Daher sind Tod und sexuelle Grausamkeiten die wichtigsten Ausdrucksformen des Realen. Das Reale beinhaltet das triebhafte Genießen eines sadistischen Mörders oder Vergewaltigers. Es ist die unfassbare Sehnsucht, die Welt in Flammen zu sehen, wie der Diener vom "Batman" im Film "The Dark knight" den realen "Joker" und sein Genießen beschreibt. Das Reale ist wie das parasitäre, triebhafte Verhalten von Außerirdischen, im Film „Alien“. Daher sind alle menschlichen Versuche, das Alien zu zähmen oder einen Hybriden mit ihm zu erschaffen, zum Scheitern verurteilt. Das Alien bleibt ein primitives, nach Beute suchendes „reales Objekt“, das sich nicht symbolisieren und in menschliche, symbolische Ordnung integrieren lässt.
Aus der Kombination dieser Eigenschaften des Realen (Tod und Genießen) entsteht eine dunkle Seite des menschlichen Daseins, das immer wieder unser symbolisches Leben und seine Grundsätze außer Kraft setzt und uns zwingt in die dunkle Seite unseres Dasein hineinzublicken und auf Chaos und auf eine mit Angst und jouissance besetzten Leere zu stoßen. Eine Dunkelheit und Leere, die sowohl beängstigend und als auch anziehend ist und sich auf der anderen Seite als einén wichtigen Grund für menschliche Kreativität und Erfindungsfähigkeit anbietet.
Die Dunkelheit ist außerdem unheimlich, und was unheimlich ist, ist in Wahrheit eine Verkörperung des Unbewussten, wie Freud in seiner Schrift „ DasUnheimliche“ beschreibt.
Die Dunkelheit ist unheimlich, weil sie trotz ihrer unfassbaren, beängstigenden Fremdheit auch für uns vertraut ist. Wenn wir in die Dunkelheit blicken, haben wir oft das Gefühl, dass da ein Ungeheuer da lauert, Ein Ungeheuer, das uns anblickt, zurückblickt, anstarrt und sein Blick uns entsetzt, lähmt und gleichzeitig zu sich ruft, weil es etwsVertrautes ist und jouissance (Genießen)verspricht.
Das Reale ist diese verschlingende, unfassbare, anwesende Leere und Dunkelheit, die wie ein Trauma und Schock unser normales Leben verschlingt. seine Eigenschaften, jouissance und Gewalt, können uns manchmal in Neurotiker oder in "Bestien" verwandelen. Daher zwingt die jouissance des Realen zur triebhaften Wiederholung des Neurotikers oder des Serienmörders.
Ein filmisches Beispiel des realen Objekts sind die Vögel in dem gleichnamigen Film „Die Vögel“ von Hitchcock. Normale, harmlose Vögel verwandeln sich plötzlich und ohne jeglichen vernünftigen Grund in den Killervögeln. Ein menschliches Beispiel ist das plötzliche Amoklaufen der normalen Bürger oder Schüler. Natürlich versucht man für solche Ereignisse die psychologischen Hintergründe zu finden und es gibt immer solche Gründe. Dennoch bleibt ein Teil des Handels in völliger Dunkelheit. Dieses Unfassbare verursacht eine Art "Sprachlosigkeit", Kommunikationslosigkeit und plötzlich haben wir das Gefühl, dass wir mit der dunklen, unfassbaren Seite unseres Daseins konfrontiert sind und wir fühlen uns entsetzt, gelähmt. Wir befinden uns nun in der „Wüste des Realen“.
Nach der Theorie von Lacan beinhaltet jegliche menschliche Handlung und Sichtweise die drei Dimensionen der Symbolischen, Imaginären und Realen, auch wenn eine Dimension normalerweise die Überhand gewinnt. Oder wie Zizek festgestellt hat, können diese Komponenten in Kombination auftreten, wie Symbolisch- Reales oder Real-Symbolisches. Wenn wir das Kino als Beispiel nehmen, ist der Film , auf der Ebene des Imaginären ein Köder, der uns Zuschauer zu einem ästhetischen Vergnügen verführen will (das Bild); auf der Ebene des Symbolischen, verlangt der Film gedeutet zu werden (die Geschichte und Struktur) , auf der Ebene des Realen trachtet der Film uns zu schockieren, uns zu veranlassen, unsere Augen abzuwenden oder unser Blick erstarren zu lassen ( Horror und sexuelle Obsession). (5)
Der Andere, sowohl der kleine Andere wie die Freundin, derKollege und so weiter, oder der große Andere wie das Gesetzt, der Diskurs,die Moral verfügen auch über alle drei Elemente. Daher ist der Andere, nicht nur die Verkörperung unserer"verlorenen Hälfte" in der New Age-Ideologie, oder des symbolischen Kommunikationspartners in der Theorie vom Habermass, sondern er ist auch etwas Unfassbares und Reales, das uns Angst macht. Eine echte Kommunikation oder eine gute multikulturelle Gesellschaft kann daher erst zustande kommen, wenn man das Reale im Anderen sieht und akzeptiert. Erst dann können sich die Kulturen einander nähern und miteinander kommunizieren, wenn sie merken und begreifen, dass sie unter den gleichen Ängsten und Vorstellungen leiden. Genauso kann erst dann die Immigration für den Immigranten von einem Alptraum zu einem Traum oder zu einem neuen Machtgefühl übergehen, wenn er sich wie ein „Hybrid“ akzeptiert, der aber niemals mit sich eins ist. Weil der Andere auch immer gespalten ist (6), weil das Subjekt immer ein gespaltenes Subjekt, oder eine Vielfalt in Einheit ist.
Jegliches "Objekt der Begierde" oder " jeglicher Andere", kann als ein reales Objekt oder symbolisches Objekt für das Subjekt erscheinen und somit den Charakter oder die Struktur des Subjektes mitbestimmen, weil das Begehren des Subjekts immer Begehren des Anderen ist, wie Lacan schreibt. Also kann das innere Bild von dem Vater als „ realen Vater, imaginären Vater oder symbolischen Vater beim Subjekt auftauchen und bestimmte Beziehung konstruieren und das Subjekt positionieren und konstruieren. Indem wir ein Objekt ansehen, wird zurückgeblickt und dieser Blick konstruiert unsere subjektive Welt. (7) Eine Person, die zum Beispiel durch Fremde Menschen, Frauen und Kulturen eine angstvolle Gefahr spürt, wird durch dieses Gefühl als Person konstruiert und kann dadurch Kontaktscheue werden oder Neigung zum Fremdenhass, Frauenhass entwickeln.
Der Mensch oder das Subjekt ist ein begehrendes Subjekt und spürt ständig einen Mangel. Das Subjekt will seinen Mangel aufheben und deswegen sucht er nach dem verlorenen Objekt. Eine Suche, die nie zu Ende geht und uns immer wieder zwing, neuen Wegen und neuen Begierden nachzugehen. Diese Suche kann auf drei Arten geschehen und erschafft drei Arten von Objekten. Lacan schlägt in seinem Seminar „Encore“ ein Schema vor, um diese drei Objektarten zu verdeutlichen. (10)
Dieses Schema beinhaltet vor allem die Erneuerungen des späten Lacan und seiner Entwicklung. Im Laufe seiner Entwicklung wird Lacan, wie Zizek beschreibt, immer mehr von einem "symbolischen" Lacan zum "realen Lacan" (Jenseits der Kastration) .(8) Der "reale" Lacan bringt einen weiteren Ring in die Mitte der drei miteinander verbundenen Krise des sog. borromäischen Knotens (RSI) und damit will er zeigen, dass das Wesen des Menschen die Sehnsucht nach dem verlorenen Objekt (Objekt klein a) ist und diese Sehnsucht oder jouissance, die er „Sinthome“ nennt, das Wesen des Subjekts, das Wesen seiner Freiheit ausmacht, seine jouissance organisiert und seine letzte Stütze, als begehrendes Wesen ist. Diese jouissance oder dieses Sinthome bringt uns Menschen dazu, immer nach den Unmöglichen zu suchen und danach zu greifen.
Das ist auch der Unterschied zwischen Medizin und Psychoanalyse, weil die Medizin nach dem Prinzip der „Homöopathie“ und einer Wiederherstellung des Gleichgewichtes handelt und so den Menschen betrachtet, aber Psychoanalyse begreift das Wesen des Menschen als ein begehrendes, genießendes Subjekt, das immer wieder auf der Suche nach dem unmöglichen, verlorenen Objekt, seine symbolische Welt und Gesetzte überschreitet und sich dem Begehren hingibt. Gleichzeitig versucht die Psychoanalyse dem Menschen zu helfen, sein eigenes Phantasma nach dem verlorenen, absoluten Paradies zu verstehen; dieses Phantasma als Basis für die Konstruktion seiner subjektiven Welt zu begreifen und mit Akzeptanz des Gesetzes, des Namens des Vaters, auf einen Teil der jouissance zu verzichten, um der Widerholung des neurotischen Verhaltens zu entkommen; um die Wahrheit seines Symptoms zu verstehen und diese Wahrheit als neue Begierde und Kraft in seiner symbolischen Welt zu integrieren und somit zu einer neuen Reife und Lebensfähigkeit zu gelangen. Zuletzt hilft die Psychoanalyse dem Patienten einen Teil seines Symptoms, das Sinthome seines Symptoms, das sich nicht interpretieren lässt, wie ein „Tic“ zu akzeptieren und sich mit ihm zu identifizieren; es als Zeichen seiner Freiheit zu empfinden.(9)
Wir sehen das Sinthome in dem obigen Schema in der Mitte des Dreiecks, das mit dem Buchstaben J für jouissance gezeichnet ist und somit das Wesen der menschlichen Begierde und Psyche zeigt. Diese jouissance wird aber in drei symbolischen, imaginären, realen Registern erscheinen.
Erstens wird diese jouissance als „Objekt klein a“ die Sehnsucht und den Mangel im Subjekt verkörpern, und das gespaltene Subjekt konstruiert sich in Korrelation zu diesem Objekt. Alles kann für eine Weile den Platz von Objekt klein a besetzen, aber niemals es für immer ersetzen. Deswegen drehen sich die Bemühungen des Subjekts und der menschlichen Kommunikation um die Erlangung des Objekt der Begierde, um Liebe, Reichtum, Wissenschaft und so weiter. Aber da dieser Platz nie ganz zu besetzen ist, daher ändern sich auch ständig die symbolische Welt der Subjekte und seine Begierden. Das Objekt klein a hat einen realen Überrest, wie wir im obigen Bild sehen. Deswegen kann man es niemals ganz finden, besetzen oder interpretieren. Als symbolisches Objekt der Begierde ist es unter dem obigen Dreieck auf der Achse und denPfeilen zwischen dem Symbolischen und dem Realen zu sehen.
In Film besetz dasjenige Objekt den Platz des symbolischen Objekts, des Objekts klein a , um das und um dessen Besitzt, die Handlung und die Interaktion der Protagonisten stattfindet; aber man kann es nie ganz erreichen oder man verfehlt es immer wieder. Es ist manchmal sogar eine Leere, ein Vorwand, die Verkörperung des symbolischen Objekts. Eine Leere oder ein Vorwand, der dennoch das Spiel im Gang setzt, was Zizek als „ McGuffinsprinzip“ in Hitchcocks Filmen bezeichnet(11). Durch die Unmöglichkeit des ewigen Besitzes von Objekt der Begierde entsteht die tragi-komische Haltung des modernen Kinos und der modernen Beziehungen.
Das Objekt kann auch zu einem imaginären Objekt werden, wie auf dem obigen Dreieck auf der Achse zwischen Imaginärem und Symbolischem gekennzeichnet ist. Dieses imaginäre Objekt ist wie ein zufälliges Objekt, das dennoch die symbolische Beziehung strukturiert. Wie der König, der mit seiner Präsenz in Wahrheit den Staat strukturiert und ihm eine Gestalt, ein Gesicht gibt. Zizek meint, in manchen Filmen ist dieses Objekt wie ein zirkulierendes, zufälliges Tauschobjekt, das das Spiel strukturiert.(11) Das Erreichen dieses imaginären Objekts ist vor allem das Ziel der „jouissance der Anderen“ oder der weiblichen jouissance, weil das Subjekt denkt ,wenn er dieses Objekt erreichen oder besetzten würde, könnte er den Signifikant oder die wahre Bedeutung des Anderen herausfinden und somit mit dem Anderen eins werden. Das ist das Phantasma, auf dem die Macht des imaginären Objekts basiert ist. Das imaginäre Objekt verkörpert das Phantasma von einem vollkommenen, grandiosen Anderen und seiner vollkommenen Wahrheit. Das gespaltene Subjekt glaubt, er könnte durch Begreifen der Bedeutung des Anderen auch selbst grandios und vollkommen und eins mit dem Anderen werden. ( Die Sehnsucht der Sufisten nach der Vereinigung mit der geheimnisvollen, grandiosen Göttlichkeit)
Die dritte Art des Objekts ist das reale, schockierende Objekt, das auf dem obigen Bild auf der Achse zwischen dem Realen und Imaginären liegt. Das reale Objekt ist eine massive, bedrückende, materielle Präsenz von Realen, von Tod und Gewalt, die gleichzeitig ein unmögliches Genießen verkörpert(11). Es ist das absolute Objekt, das Freud "das Ding" nannte. Lacan übernahm diese Beschreibung von Freud und verdeutliche damit das Wesen des Realen und der Neurose. Dieses absolute Objekt zieht das Subjekt in seinen Bann und auf seinen weg, der mit Tod und Schmerz gepflastert ist und das Subjekt verliert seine Individualität und wird zum Objekt-Instrument des Realen oder wird er wie der Drogenabhängige dem unmöglichen, grandiosen Genießen der Droge, dem Ding verfallen.
Ein anderes Beispiel des realen, absoluten Objekts sehen wir im Meisterwerk von Hitchcock "Psycho" und in Gestalt von Norman Bates. Als Norman unter der Dusche sein erstes Opfer Marion tötet, sehen wir das Opfer aus dem Blickwinkel von Norman, aus dem Blickwinkel des realen, grausamen Objekts. So kann man auch mit Hilfe des Films "Psycho" sehen, dass Norman so tief in den Bann des realen Mutter gezogen ist, dass er zum Objekt-Instrument ihrer Stimme und Befehle wird und keine Individualität besitzt. Seine Augen sind leer und die Welt ist für ihn eine ganz objektive Welt mit immer gleichen Ritualen, die immer wieder bis zum Tod wiederholt werden müssen, während die symbolische Welt und die symbolische Begierde eine subjektive Welt und Begierde ist und daher immer wieder ändert.
Das Nächste Beispiel ist „Hannibal Lektor“, der als Psychiater und Kannibale, eine imaginär-reale Darbietung vom Ding, vom Objekt des Realen anbietet.
Die beste, neuzeitliche Verkörperung vom Ding, von der unfassbaren Gewalt und von der jouissance des Verbrechers bietet der neue „Joker“ aus dem neuen Film Batman "The Dark Knight" an. Der neue Joker ist eine Mischung aus einem Psychotiker, Mefisto und Chaos. Dieser reale Joker hat keine feste Identität und Geschichte und erzählt ständig eine neue Geschichte über sich. Wie er sich selbst beschreibt, er sei in Wahrheit nur ein Hund, der hinter Autos bellend läuft. Sein teuflisches Lachen ist genau die „Gerimasse des Realen“, wie Lacan das Reale beschrieb. Es ist das teuflische Lachen über alle Versuche, das Leben unter Kontrolle zu halten oder ihm einen Sinn zu geben. Joker ist der Mefisto, der ins Nichts hineingesehen hat, aber statt wie ein Kranker vor Angst oder Genießen zu erstarren, oder statt wie ein Künstler das Ding zu sublimieren und in schönes, erhabenes Ding zu verwandeln, wird er selbst zum Ding. Er wird zur Verkörperung des Realen. Oder wie er ein Zitat von Nietzsche verändert und benutzt um sich zu beschreiben, wird er zum lachenden Tod, der das Leben und die menschliche Sorgen als lächerlich empfindet. Der Joker wird zum Ding, weil, was ihn nicht umbrachte, machte ihn lustiger. (Siehe meine zweitteilige Analyse über Dark knight. Nur auf persisch.(11)
Schlusswort
Im zweiten Teil dieser dreiteiligen Analyse werde ich mich erst mit vier Hauptformen des Kontaktes mit dem Realen beschäftigen und dann werde ich die beiden Filme im Bezug auf die Art ihrer Begegnung mit dem Realen analysieren und die vier Hauptformen des Kontaktes mit dem „Ding“ (von Neurotiker, Verbrecher, Kunst, Wissenschaft) in den Filmen suchen und analysieren. Gleichzeitig beschäftigen wir uns mit den Themen, wie mit der umstrittenen lacanschen Begriffen „ weiblichen und männlichen jouissance“, mit der Depression und ihren Darstellungen in den Filmen Solaris und Antichrist. Zuletzt werden die Hauptunterschiede zwischen beiden Filmen im Bezug auf das Reale untersucht und beschrieben.
Im dritten Teil werden beide Filme nun einer Deleuzianischen und einer Intertextuellen Analyse unterzogen und das Deleuzesche Reale und das Reale von Lacan werden miteinander verglichen und gegenübergestellt. Damit können wir vielleicht nicht nur eine vielschichtige Analyse der beiden Filme erreichen, sondern durch die Filme und ihren unterschiedlichen Umgang mit dem Realen, mit dem Ding, besser das Lacansche Reale zu beurteilen und neue Wege im Kontakt mit dem Trauma und mit dem Ding herauszufinden.
Literatur:
1- http://en.wikipedia.org/wiki/Solaris_(2002_film)
2- http://de.wikipedia.org/wiki/Antichrist_(Film)
3- http://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Lacan
4- http://asar.name/1981/02/hans-peter-jack-schuld-und.html
5- Zizek: körperlose Organe. S. 20
6- Zizek: Ein Plädoyer für die Toleranz
7- Zizek: Lacan in Hollywood.S.68
8- Zizek; Körperlose Organe. S.142
9- Zizek: Liebe Dein Symptom wie Dich selbst. S. 26-27
10- 11 Zizek: Liebe Dein Symptom wie Dich selbst. S. 56-58
11- http://sateer.de/1980/09/blog-post_09.html